Erlass MKFFI: umF - Ermöglichung von Brückenlösungen
Erlass MKFFI: umF - Ermöglichung von Brückenlösungen
Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge - Kostenerstattung nach § 89 d SGB VIII
Durch die Landesstelle für die Verteilung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge wurden wir darauf hingewiesen, dass die aktuell hochdynamische und unkalkulierbare Fluchtbewegung aus dem Kriegsgebiet der Ukraine und die damit verbundene stark steigende Zahl von einreisenden unbegleiteten minderjährigen Ukrainerinnen und Ukrainern die Jugendämter vielerorts vor erhebliche Kapazitätsprobleme stellen. Hinzu kommt der Umstand, dass vielfach ganze Kinderheime mit Begleitpersonen sowie größere Fluchtgemeinschaften mit unbegleiteten Minderjährigen in die Kommunen kommen.
Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge haben wir in Nordrhein-Westfalen definierte Standards bei der Unterbringung, Versorgung und Betreuung. Für den aktuellen Bedarf sind diese Plätze nicht ausreichend und können nach Rückmeldung der Jugendämter auch kurzfristig nicht unmittelbar bereitgestellt werden. Wie schon während des Fluchtgeschehens 2015/2016 haben wir uns in Abstimmung mit den Landesjugendämtern daher entschlossen, auch in der jetzigen Situation vorübergehend Ausnahmen im Sinne sogenannter „Brückenlösungen“ zuzulassen, damit es den Jugendämtern möglich ist, dem Schutzauftrag im Rahmen der derzeitig realisierbaren Möglichkeiten bestmöglich gerecht werden zu können.
Mit Blick auf die große Anzahl der unbegleiteten Minderjährigen aus der Ukraine, die teilweise aus jugendhilferechtlicher Sicht zunächst gemeinsam unterzubringen sind, können außerhalb eines geregelten Planungsprozesses (Jugendhilfeplanung) entwickelte Notlösungen notwendig werden, die aufgrund ihres zeitlich befristeten Charakters oder der Nichterfüllung weiterer Kriterien des § 45 SGB VIII nicht betriebserlaubnisfähig sind. Ziel muss perspektivisch jedoch eine möglichst schnelle Überleitung in reguläre Jugendhilfemaßnahmen sein. Unbegleitete Minderjährige sollen nur befristet in den Brückenlösungen untergebracht werden. Die Unterbringungen sind dem jeweils zuständigen Landesjugendamt zu melden.
Aus hiesiger Sicht obliegt den Jugendämtern gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 4 SGB VIII uneingeschränkt die Pflicht, Kinder und Jugendliche vor Gefahren für ihr Wohl zu schützen. Auf dieser Pflicht beruhen schließlich auch die Vorschriften zur vorläufigen Inobhutnahme und zur Inobhutnahme. Daher sind Maßnahmen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit Minderjähriger wiederum unmittelbar ableitbar aus dem Schutzauftrag der Jugendhilfe und somit auch im Rahmen von Maßnahmen der (vorläufigen) Inobhutnahme im Einzelfall erforderlich, wenn andere Maßnahmen der Jugendhilfe nicht zur Verfügung stehen und die durchgeführte Maßnahme dem Ziel des Schutzes des Kindes vor Gefahren dient.
Die im Ausnahmefall so erfolgende Sicherstellung des Schutzauftrages sollte bei der Erstattung von Kosten nach § 89 d SGB VIII unter Berücksichtigung der konkreten Bedingungen des Einzelfalls berücksichtigt werden, wenn trotz dieser besonderen Form der Erfüllung des Schutzauftrages
eine geeignete pädagogische Begleitung der unbegleitete minderjährigen Flüchtlingen erfolgt und aufgrund der Erläuterungen des zuständigen Jugendamts erkennbar ist, dass alternative Lösungen zeitnah nicht realisierbar waren. Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist die Übernahme zudem auf die Quotenerfüllung im Sinne des § 3 Abs. 2 5. AGKJHG anzurechnen.