Vorlesen stärkt Bildungschancen und schützt vor Ausgrenzung
Vorlesetag am 21. November
Am 21.11. ist der bundesweite Vorlesetag – ein Anlass, auf die zentrale Bedeutung von Sprache, Literatur und gemeinsamer Lesezeit aufmerksam zu machen.
"Regelmäßiges Vorlesen und Erzählen fördert nicht nur die sprachliche Entwicklung, sondern leistet auch einen Beitrag zum Kinderschutz und zur gesellschaftlichen Teilhabe", betont Christian Peitz, Leiter des LWL-Bildungszentrums Jugendhof Vlotho.
Nach aktuellen Studien gilt in Deutschland etwa jeder fünfte Erwachsene als gering literalisiert – ist also nur eingeschränkt fähig, längere Texte zu lesen oder zu verstehen. Die Hamburger Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Anke Grotlüschen betont in ihrer Untersuchung aus dem Jahr 2023, dass das kontinuierliche Lesen und Hören von Geschichten differenziertes Denken begünstigt und so auch die Widerstandskraft gegenüber populistischen Vereinfachungen stärkt. Literatur, ob allein oder im gemeinsamen Austausch, ist damit immer auch eine Übung im Perspektivwechsel und in politischer Urteilsfähigkeit. Ein weiterer Befund kommt von UNICEF: Im „Index der Entbehrungen“ zählt der Besitz altersangemessener Bücher zu den zentralen Indikatoren für Kinderarmut. Viele Kinder in Deutschland wachsen ohne eigene Bücher auf, die sie aus Neugier oder Freude lesen können. Niederschwellige Zugänge zu Literatur sind daher ein wichtiger Schritt hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit.
Der LWL-Jugendhof Vlotho unterstützt literaturpädagogische Projekte im Rahmen der Bildungsgrundsätze für das Land NRW und versteht das Stärken sprachlicher Kompetenzen auch als Baustein des mittelbaren Kinderschutzes. Ein Beispiel ist das LWL-Bildungszentrum Jugendhof Vlotho, das das Zertifikat „Literaturkita“ anbietet. Kitas, die sich intensiv mit Bilderbüchern, Geschichten, Hörmedien und dialogischem Lesen beschäftigen und ihre Teams regelmäßig fortbilden, können diese Qualifizierung erwerben. Ziel ist es, Literatur zu einem festen Bestandteil des pädagogischen Alltags zu machen und Kindern vielfältige Zugänge zu Sprache zu eröffnen.
Für Kitas und Familienzentren schlägt Peitz vor offene Bücherschränke und Tauschbörsen einzurichten, um Familien unkompliziert mit gut erhaltenen Kinderbüchern zu versorgen. Außerdem könnten Kitas Vorleseaktionen für Kinder und Eltern organisieren, auch spontan und mit einfachen Mitteln und nicht nur am bundesweiten Vorlesetag.
„Regelmäßiges Vorlesen ist eine wirkungsvolle Möglichkeiten, Kinder zu stärken“, so Christian Peitz, Leiter des Jugendhofes Vlotho. „Wer früh positive Erfahrungen mit Geschichten macht, entwickelt sprachliche Sicherheit, Fantasie – und ein Gespür dafür, die Welt aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.“