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Zweite Punktuation des BMFSFJ zu unbegleitet und begleitet einreisenden Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine

09.05.2022 LJA

2. Punktuation BMFSFJ - unbegleitet und begleitet einreisende Kinder und Jugendliche aus der Ukraine

Die 2. Punktuation des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) zur rechtlichen Einordnung der Leistungsansprüche der ankommenden Minderjährigen aus der Ukraine.

1. Unbegleitet ausländische Kinder und Jugendliche (UMA)

  • Ausländische Kinder und Jugendliche aus der Ukraine, die ohne Begleitung einer personen- oder erziehungsberechtigten Person (§ 7 Abs. 1 Nr. 5 und Nr. 6 SGB VIII) nach Deutschland einreisen, sind unbegleitete ausländische Minderjährige und nach § 42a SGB VIII vorläufig in Obhut zu nehmen.
  • Örtlich zuständig für die vorläufige Inobhutnahme ist gem. § 88a Abs. 1 SGB VIII das Jugendamt, in dessen Bereich sich das Kind oder der Jugendliche vor Beginn der Maßnahme aufhält.
  • Es gilt die bundesweite Aufnahmepflicht; das Verfahren zur Verteilung nach § 42b i. V. m. § 42c SGB VIII ist umzusetzen. Das BVA ist seitens des BMFSFJ angewiesen, tägliche Verteilentscheidungen zu treffen.
  • Während der vorläufigen Inobhutnahme entscheidet das Jugendamt anhand der in § 42a Abs. 2 Satz 1 SGB VIII geregelten Kriterien über die Anmeldung des Kindes oder Jugendlichen zur Verteilung oder den Ausschluss der Verteilung (§ 42b Abs. 4 SGB VIII). Hierbei ist insbesondere auch darauf zu achten, dass Bezugsgruppen zusammenbleiben (§ 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII).
  • Auch UMA, die sich bei (nicht-erziehungsberechtigten) Freunden oder Bekannten aufhalten, sind vorläufig in Obhut zu nehmen. Das bedeutet nicht, dass sie aus ihrem vertrauten Umfeld herausgenommen und in eine Einrichtung gebracht werden müssen. Das Jugendamt prüft allerdings, ob diese Personen „geeignet“ im Sinne von § 42a Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 42 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII sind und das Kind / der Jugendliche dort entsprechend bleiben kann. Ist dies der Fall, umfasst die vorläufige Inobhutnahme die Befugnis, das Kind oder den Jugendlichen bei diesen Personen unterzubringen. Das Kind oder der Jugendliche kann also dann im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme bei den Freunden oder Bekannten verbleiben. Im Hinblick auf das Verteilverfahren muss geklärt werden, ob der Bezug zu diesen Bekannten bzw. Freunden zu einem Ausschluss der Verteilung aus Kindeswohlgründen führt, da die Stabilität der Beziehungen einen wesentlichen Faktor für das Kindeswohl darstellt (§ 42a Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). Beim Ausschluss der Verteilung ist der UMA auf die Aufnahmequote des Landes anzurechnen, in dem er dann verbleibt (§ 42c Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Mit der Anzeige der Entscheidung des Jugendamtes über den Ausschluss der Verteilung nach § 42a Abs. 4 Satz 3 SGB VIII endet gemäß § 42a Abs. 6 SGB VIII die vorläufige Inobhutnahme. Es schließt sich die Inobhutnahme nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII an. Auch in deren Rahmen kann das Kind oder der Jugendliche bei den Freunden oder Bekannten verbleiben (§ 42 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII).
  • Ist ein Verwandter oder eine andere Person in Deutschland erziehungsberechtigt (z.B. durch Vereinbarung mit den Personensorgeberechtigten), so ist das Kind oder der Jugendliche nicht (mehr) unbegleitet. Die (vorläufige) Inobhutnahme endet in diesen Fällen mit der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an diese Person.
  • Im Sinne einer fundierten Datengrundlage ist es angesichts der aktuellen Situation von besonderer Bedeutung, dass werktäglich eine Meldung der Bestandszahlen an das BVA seitens der Jugendämter und der Landesverteilstellen erfolgt (vgl. Ziff. 11 des JFMKUmlaufbeschlusses 02/2017 vom 27.04.2017).

2. Kinder und Jugendliche aus evakuierten Waisenhäusern bzw. "Kinderheimen", die in Begleitung von Betreuungspersonen nach Deutschland eingereist sind

Erziehungsberechtigung der Betreuungspersonen

  • Kinder und Jugendliche sind dann UMA nach dem SGB VIII, wenn sie zum Zeitpunkt der Einreise nicht durch Personen- oder Erziehungsberechtigte begleitet werden.
  • Erziehungsberechtigt i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII sind Personen über 18 Jahren, die aufgrund einer Vereinbarung mit dem Personensorgeberechtigten nicht nur vorübergehend und nicht nur für einzelne Verrichtungen Aufgaben der Personensorge wahrnehmen (z.B.: Erhält eine Person von den Eltern „nur“ den Auftrag, ihr Kind im Zug oder Auto mitzunehmen und dann in Deutschland anderen, von den Eltern benannten Personen – Verwandte, Freunde, Bekannte – zu übergeben, würde dies wohl eine vorübergehend wahrzunehmende und nur auf eine einzelne Verrichtung bezogene Aufgabe darstellen). Diese Vereinbarung mit den Personensorgeberechtigten muss für ihre Wirksamkeit nicht schriftlich abgeschlossen sein.
  • Das Jugendamt hat im Rahmen der Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen zu ermitteln, ob die Kinder und Jugendlichen von Erziehungsberechtigten begleitet sind (§ 20 Abs. 1 SGB X). Es bedient sich gem. § 21 Abs. 1 SGB X der Beweismittel, die es nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält (insbesondere: Einholen von Auskünften jeder Art - auch elektronisch und als elektronisches Dokument, Anhörung von Beteiligten, Beiziehen von Urkunden).
  • In die Ausübung dieses Ermessens sind auch die Regelungen des Family Code of Ukraine einzubeziehen, die insbesondere vorsehen, dass der Verwaltung der Einrichtung („Kinderheim“, „Kinderanstalt“), in der Kinder und Jugendliche dauerhaft untergebracht sind, die Vormundschaft übertragen wird. Daneben finden sich auch weitere Betreuungsformen (Patronat, Pflegefamilie, familiennahe Kinderheime), die Vertretungsrechte der jeweiligen Betreuungspersonen begründen. Liegt eine dieser Betreuungsformen vor, ist grundsätzlich von einer Erziehungsberechtigung der Betreuungspersonen auszugehen.
  • Kinder und Jugendliche aus der Ukraine, die in Begleitung erziehungsberechtigter Betreuungspersonen nach Deutschland einreisen, sind nicht unbegleitet und in der Folge nicht vorläufig in Obhut zu nehmen.

 

Zugang zu Schutzmaßnahmen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe

  • Kinder und Jugendliche aus der Ukraine können auch als ausländische Staatsangehörige gemäß § 6 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 4 SGB VIII (vorläufige) Schutzmaßnahmen und Leistungen nach dem SGB VIII (vor allem Hilfe zur Erziehung) beanspruchen.


Hilfe zur Erziehung

  • Kinder und Jugendliche, die in ukrainischen Einrichtungen der Erziehungshilfe untergebracht waren, haben grundsätzlich Zugang zu erzieherischen Hilfen in Deutschland. Das Jugendamt prüft den jeweiligen erzieherischen Bedarf im Einzelfall (§ 27 Abs. 1 SGB VIII) und, ob dieser durch die Begleitung der Betreuungspersonen gedeckt werden kann. Darauf kann nicht allein aufgrund eines Erziehungsrechts der Betreuungsperson geschlossen werden. . Es verpflichtet insbesondere die Betreuungsperson nicht, (vollumfänglich) selbst und eigenverantwortlich für die Erziehung des Kindes oder Jugendlichen zu sorgen.
  • Bei der Inanspruchnahme von Hilfen kommt es auf den Umfang des Vertretungsrechts bzw. der sorgerechtlichen Befugnisse der Betreuungspersonen an. Ggf. muss zeitnah beim Familiengericht die Bestellung von Vormundschaften initiiert werden.

 

Auswahl der geeigneten und notwendigen Hilfe – mögliches „Hilfesetting“

  • Die Auswahl der geeigneten und notwendigen Hilfe nach § 27 Abs. 2 SGB VIII richtet sich nach dem vom Jugendamt zu festzustellenden erzieherischen Bedarf der Kinderund Jugendlichen im Einzelfall. Dabei muss die Beziehung der Kinder und Jugendlichen zu ihren Betreuungspersonen Berücksichtigung finden. Dies sollte insbesondere durch eine gemeinsame Unterbringung und eine darauf angepasste Gestaltung der Hilfe erfolgen.
  • Auf die spezifische Situation der Hilfegewährung für eine Gruppe von Minderjährigen, die von erziehungsberechtigten Betreuungspersonen begleitet wird, passt keine der im – nicht abschließenden – Katalog der §§ 28 – 35 SGB VIII genannten Hilfearten. Es gilt demnach, eine Hilfe zu gestalten, die dieser spezifischen Bedarfslage entspricht.Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Kinder und Jugendlichen von erwachsenen Personen begleitet und betreut werden, es sich aber bei diesen sehr häufig nicht um Fachkräfte im Sinne deutscher Standards (vgl. § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) handelt.
  • Vorbehaltlich abweichender Bedarfe im Einzelfall, denen ggf. durch flankierende ambulante Erziehungshilfen entsprochen werden kann, könnte als Hilfe zur Erziehung nach § 27 Abs. 2 SGB VIII eine Hilfegestaltung in Betracht kommen, die man sich quasi als „große Pflegefamilie“ vorstellen könnte, mit folgenden Eckpunkten:
    • Die Kinder und Jugendlichen erhalten Leistungen zum Unterhalt analog § 39 SGB VIII.
    • Die Betreuungspersonen erhalten über die Sicherung des Lebensunterhalts der Kinder und Jugendhilfe Kosten der Erziehung und Pflege. Im Übrigen vgl. 2.g.).
    • Die Betreuungspersonen erhalten Beratung und Unterstützung durch das Jugendamt oder einen freien Träger analog § 37a SGB VIII.
    • Für die Gruppe und die Betreuungspersonen wird eine grundsätzlich geeignete Unterkunft zur Verfügung gestellt.
    • Eine Betriebserlaubnis ist grundsätzlich nicht notwendig. Es handelt sich dabei weder um eine Einrichtung nach § 45a Satz 1 SGB VIII noch um einemfamilienähnliche Betreuungsform der Unterbringung nach § 45a Satz 2 SGB VIII. Eine Einrichtung liegt nicht vor, weil die Kinder und Jugendlichen bestimmten Personen zugeordnet sind; eine erlaubnispflichtige familienähnliche Betreuungsform liegt mangels fachlicher und organisatorischer Einbindung in eine betriebserlaubnispflichtige Einrichtung nicht vor.
    • Zur Sicherung des Kindeswohls sollten seitens des Jugendamtes persönliche Gespräche mit den Betreuungspersonen geführt werden, um diese auf behutsame Weise über die Erfordernisse des Kinderschutzes und die gesetzlichen Vorgaben in Deutschland aufzuklären und zu sensibilisieren. Wichtig wäre auch, den Betreuungspersonen entsprechende Fortbildungen bzw. Schulungen anzubieten.
    • Im Hinblick auf die Umsetzung der Pflicht zur Einsichtnahme in erweiterte Führungszeugnisse ist festzustellen, dass diese regelmäßig wenig aussagekräftig wären. In diesen Ausnahmefällen sollte daher als ein Ergebnis der Gespräche zwischen Jugendamt und Betreuungsperson auch die Unterzeichnung einer Selbstauskunft in Anlehnung an die Vorgaben des § 72a SGB VIII angestrebt werden (Verpflichtungs- bzw. Ehrenerklärung).

 

Örtliche Zuständigkeit

  • Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nach § 86 Abs. 7 SGB VIII, wenn um Asyl nachgesucht wird oder ein Asylantrag gestellt worden ist. Ein Nachsuchen um Aufnahme zum vorübergehenden Schutz bzw. die Beantragung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 24 AufenthG ist entsprechend zu bewerten, somit richtet sich auch in diesen Fällen die örtliche Zuständigkeit nach § 86 Abs. 7 SGB VIII.

 

Verhältnis zwischen Hilfe zur Erziehung und lebensunterhaltssichernden Leistungen nach dem SGB II bzw. SGB XII

  • Kinder und Jugendliche, die in ukrainischen Einrichtungen der Erziehungshilfe untergebracht waren, haben grundsätzlich Zugang zu erzieherischen Hilfen in Deutschland. Das Jugendamt prüft den jeweiligen erzieherischen Bedarf im Einzelfall (§ 27 Abs. 1 SGB VIII) und, ob dieser durch die Begleitung der Betreuungspersonen gedeckt werden kann (vgl. 2.c).

 

  • Liegt ein erzieherischer Bedarf vor und wird diesem Bedarf entsprechend eine stationäre Hilfe zur Erziehung gewährt, ist die Kinder- und Jugendhilfe vorrangig für die Lebensunterhaltssicherung der Kinder und Jugendlichen (§ 39 SGB VIII) zuständig, die als Annexleistung von der erzieherischen Hilfe mitumfasst ist.

 

  • Liegt kein entsprechender erzieherischer Bedarf vor, kommt – sofern Hilfebedürftigkeit besteht – grundsätzlich bei erwerbsfähigen Jugendlichen ab Vollendung des 15. Lebensjahres eine Lebensunterhaltssicherung nach dem SGB II, bei Minderjährigen unter 15 Jahren nach dem SGB XII in Betracht. Eine Konkurrenz zu Leistungen nach dem SGB VIII besteht dann mangels Kongruenz nicht.

 

Lebensunterhaltssicherung bei Betreuungspersonen ukrainischer Kinder und Jugendlicher

Geflüchtete Menschen aus der Ukraine erhielten bis zum 31. Mai 2022 Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Seit dem 1. Juni 2022 haben geflüchtete Menschen aus der Ukraine, die erwerbsfähig sind, Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II (vgl. § 7 Absatz 1 Satz Nr. 1 und 2, SGB II).

Im Hinblick auf die Lebensunterhaltssicherung von Betreuungspersonen ukrainischer Kinder und Jugendlicher aus Waisenhäusern und Kinderheimen bestehen rechtlich verschiedene Möglichkeiten. Die Betreuungspersonen können grundsätzlich nach SGB II oder SGB VIII finanziert werden:

SGB II

Sofern Hilfebedürftigkeit besteht, kommt grundsätzlich eine Lebensunterhaltssicherung nach dem SGB II in Betracht. Die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit ist nach § 10 Absatz 1 Nr. 5 SGB II unzumutbar, sofern die Betreuungskräfte wegen der Betreuungstätigkeit ganz oder zum Teil einer Erwerbstätigkeit nicht nachgehen können.

SGB VIII
Eine Finanzierung über das System „Kinder- und Jugendhilfe“ kann über die Gestaltung von Anstellungsverhältnissen bei Trägern der freien Jugendhilfe realisiert werden.
- Hierzu bedarf es gegebenenfalls einer Anpassung der Vereinbarungen nach § 78b SGB VIII. Die Anpassungen müssten unverzüglich erfolgen.
- Schließlich müssten die Träger der freien Jugendhilfe bereit sein, Arbeitsverträge
mit den Betreuungskräften abzuschließen.
In Einzelfällen kann der Einsatz als Pflegeperson nach § 33 SGB VIII in Betracht kommen.

3. Kinder und Jugendliche, die in Begleitung von Betreuungspersonen nach Deutschland eingereist sind

  • Reisen Kinder und Jugendliche in Begleitung von Verwandten, Nachbarn, Freunden oder anderen erwachsenen Personen nach Deutschland ein, ist zu prüfen, ob diese Personen erziehungsberechtigt gem. § 7 Abs. 1 Nr. 6 SGB VIII sind.
  • Im Hinblick auf Nachweis und Prüfung des Jugendamtes gelten die Ausführungen zu 2.) entsprechend.
  • Liegt kein Erziehungsrecht vor, handelt es sich bei dem Kind oder Jugendlichen um einen UMA, der vorläufig in Obhut zu nehmen ist. Die Ausführungen zu 1.) gelten entsprechend. Die Beziehung zur Begleitperson ist in die Prüfung der geeigneten Unterbringung und der Verteilung einzubeziehen.
  • Ist die Begleitperson erziehungsberechtigt gelten die Ausführungen zu 2.) entsprechend. 

4. Kostenerstattung

  • Kosten, die ein örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe für Leistungen und vorläufige Maßnahmen für Kinder und Jugendliche aus evakuierten Waisenhäusern und Kinderheimen oder unbegleitete ausländische Minderjährige aufwendet, sind von dem Land, dem der örtliche Träger angehört, nach § 89d Abs. 1 SGB VIII unter folgenden Voraussetzungen zu erstatten:
    • Kinder- und Jugendhilfe muss innerhalb eines Monats nach der Einreise der Kinder und Jugendlichen gewährt werden (§ 89d Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). Die Frist bezieht sich auf den Zeitraum zwischen dem Tag der Einreise und dem Tag der Entscheidung über die Hilfegewährung durch das Jugendamt. 
    • Das Bundesministerium des Innern und für Heimat hat eine Rechtsverordnung erlassen, mit der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine im Bundesgebiet vorübergehend vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels befreit werden. Sie gilt ab Kriegsbeginn (24. Februar 2022) zunächst bis 31. August 2022. Davon ausgehend, dass vor diesem Hintergrund regelmäßig keine amtliche Feststellung der Einreise oder des Aufenthalts im Inland von Kindern und Jugendlichen aus ukrainischen Waisenhäusern und Kinderheimen bis zur Kontaktaufnahme zum Jugendamt erfolgt, wird – zunächst bis 31. August 2022 – grundsätzlich der Tag als maßgeblich für den Beginn der Monatsfrist erachtet, an dem erstmals beim Jugendamt vorgesprochen wird (§ 89d Abs. 1 Satz 2 Alt. 3 SGB VIII).
    • Die Gewährung von Kinder- und Jugendhilfe knüpft an die örtliche Zuständigkeit nach dem tatsächlichen Aufenthalt der Kinder und Jugendlichen oder nach der Zuweisungsentscheidung der zuständigen Landesbehörde (§ 89d Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII) an. Ein gewöhnlicher Aufenthalt im Sinne von Art. 1 des Haager Kinderschutzabkommens als Voraussetzung für den Leistungszugang von ausländischen Kindern und Jugendlichen ist nicht gleichzusetzen mit dem für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit maßgeblichen Begriff des gewöhnlichen Aufenthalts.